Jenseits der offiziellen Heilslehre & Tagespresse – Ein zukunftsfähiger Blick auf die Geld- & Wirtschafts-Forschung.
Deutsche Herbst Edition – October 2023
updated english updates here – deutsche updates hier unten
Sprachloses Geld von Jakob Feinig
Das Schweigen des Geldes und die Möglichkeit einer demokratischeren Zukunft – ist ein Vorabdruck eines BpB Essays von Jakob Feinig >hier lesen
Die im Oktober anstehende Veröffentlichung der deutschen Ausgabe von Stefan Eich’s geldpolitischem Geschichtsbuch Die Währung der Politik gibt Anlass für einige deutsche Updates – hier lesen
Aaron Sahr soziologisch rezensiert

Aaron Sahr’s Monetäre Maschine wurde mittlerweile auch erstmalig sozialwissenschaftlich rezensiert von Leon Wansleben, allerdings auf Englisch im Euro Journal of Sociology – hier lesen
Pluralistische Oase der Geldaufklärung
wiso.uni-hh/vwl/pdf – gg/pdf 2020 GELDTHEORIE UND -POLITIK – von Michael Paetz – hier lesen
siehe auch plurale-oekonomik-hh.de – gg seite : next paradigm pluralist hetero econ
Angesichts wiederkehrender Finanzkrisen bot Spiegel Redakteur Henrik Müller im März ein Plädoyer für Vollgeld.
spiegel.de 3-2023 Das Ende der Banken, wie wir sie kennen – Die Wiederkehr der Finanzkrisen stellt grundsätzliche Fragen an die Funktionsweise des Geldwesens. Braucht es eine Kehrtwende in der Finanzwirtschaft? – von Henrik Müller hier lesen
Ein Kurzurlaub in den slowenischen Weinbergen bot Gelegenheit in Alpennähe deutschsprachiger Geldforschung nachzuspüren. Fündig wurde ich allerdings erstmal wieder jenseits des akademischen mainstreams beim metropolis Verlag.
metropolis-verlag.de 2022 Die Herrschaft des Geldes – Geschichte und Systematik – von Karl-Heinz Brodbeck
Als Ergebnis einer mehr als 20-jährigen Forschungsarbeit legt Karl-Heinz Brodbeck sein großes Resümee vor, das hier in einer dritten, überarbeiteten und aktualisierten Neuauflage erscheint. Das Buch liefert eine neue Theorie des Geldes, eingebettet in eine allgemeine Theorie der Gesellschaft. Im ersten systematischen Teil werden verschiedene Formen der Vergesellschaftung vorgestellt und das Geld als zentrale Form in der Neuzeit genauer entwickelt. Geld, so lautet die zentrale These des Buches, ist nur als Denkform zugleich soziale Wirklichkeit. Diese Denkform hat sich schrittweise anderen Formen der Vergesellschaftung als Vernunftform überlagert und ist so zu ihrer fast “allmächtigen” Herrschaft gelangt. Der zweite Teil des Textes liefert eine umfassende und kritische Darstellung der Geschichte der Geldtheorien. Es zeigt sich, dass das historische Scheitern der Ökonomik als Wissenschaft in nahezu all ihren Schulen auf einem mangelhaften Geldbegriff beruht. Im dritten Teil wird dann aus der systematischen Geldtheorie des ersten Teils und den kritischen Resultaten beim Blick in die Geschichte eine allgemeine Theorie des Zinses formuliert und an traditionellen Zins- und Profittheorien reflektiert.
Brodbecks große Studie wurde in den ersten beiden Auflagen vielfach international rezipiert. “Die Herrschaft des Geldes” ist ein ebenso “kenntnisreiches wie an Details und Einsichten reichhaltiges Buch”, “das Klarste an Analyse und das Umfassendste an Analyse, was es im deutschsprachigen Raum gibt” (Gert Scobel 2009/2010). Es “gibt nicht nur einen hervorragenden historischen und theoretischen Überblick, sondern eröffnet Perspektiven für die Zukunft von Wirtschaft und Gesellschaft” (Der Blaue Reiter 27, 2009). Der Autor ist einer “der wichtigsten Geld-Denker seiner Generation” (Moneymuseum 2022). “Man stützt sich auf Denker wie Brodbeck, um zu verstehen, was vor sich geht.” (Prof. Tim Gorringe, Universität Exeter, 2013) “Ein bahnbrechendes Buch über die Geschichte und das System hinter der Dominanz des Geldes.” “Karl-Heinz Brodbeck hat eine monumentale Arbeit geleistet, um die Wurzeln der westlichen Moderne bis zu den Ursprüngen der Geld-Eigentums-Ökonomie zurückzuverfolgen” (Prof. Ulrich Duchrow und Prof. Franz Hinkelammert 2012). Er liefert “eine brillante Analyse des Geldes als Gedankenform.” (Richard Seaford 2020). “Brodbecks Ansatz und Schlussfolgerungen sind an Universitäten eher unerwünscht. Aber seine Kritik bleibt mächtig und wichtig. Dieses Buch hat auch eine breitere politische Dimension. Die Implikationen sind für die praktische Politik und die Wirtschaft gleichermaßen revolutionär.” (Peter Johnson, Open Democracy 2009)
metropolis-verlag.de 2022 Zeitenwende des Geldsystems – Vom Bankengeld zum digitalen Zentralbankgeld – von Joseph Huber
Das Geldsystem ist in eine Zeitenwende eingetreten. Bisher vorherrschende Geldarten gehen nieder, während neue Geldarten ihren Aufstieg beginnen. Der Niedergang des Bargelds ist weit fortgeschritten. Das Giralgeld der Banken hat den Zenit seiner Vorherrschaft erreicht. Die Zukunft aber gehört dem digitalen Geld, vor allem dem digitalen Zentralbankgeld, zum Beispiel als digitaler Euro im Währungsbereich der EZB. Daneben dürfte es auch private Kryptogelder geben, vor allem Stablecoins. Damit verschieben sich die Machtverhältnisse der Geldpolitik. Mit dem Bankengeld vergeht auch die Vormachtstellung der Banken. Die Zentralbanken gewinnen die Währungs- und Geldhoheit zurück und damit die Fähigkeit zu wirksamer Geldpolitik. Sie bleiben nicht mehr nur ‘Bank der Banken’, sondern werden auch wieder ‘Bank des Staates’.
metropolis-verlag.de 2021 Schuldenfreies Geld – Warum der Kapitalismus eine Systemreform braucht – von Klaus Karwat
Unser heutiges Geld ist faktisch durch Schulden gedeckt, denn bei jeder Geldschöpfung verbucht die geldschöpfende Bank oder Zentralbank eine Verbindlichkeit in ihrer Bilanz. Dies ist historisch begründet, denn früher war Geld mit Gold gedeckt. Diese Golddeckung ist 1971 aufgehoben worden. Heute werden riesige Schuldenberge aufgetürmt, gleichzeitig explodiert die mit diesen Schulden zusammenhängende Geldmenge. Das führt zu einer starken Vermögenspreisinflation und damit zu sozialer Ungerechtigkeit sowie zu einer Wirtschaft, die stark von permanentem Wirtschaftswachstum abhängig ist. Deswegen ist es an der Zeit, Geld nicht mehr über Schulden, sondern schuldenfrei in Umlauf zu bringen. Das könnte durch eine Änderung der Buchhaltungsvorschriften für Banken und Zentralbanken erreicht werden: Geld wäre dann zukünftig keine Verbindlichkeit mehr für Banken und Zentralbanken. Neues Geld würde nur noch schuldenfrei über eine Währungsbehörde in Umlauf gebracht, ohne dass diese dafür eine Verbindlichkeit verbuchen muss. Damit eine effektive Kontrolle der Geldmenge gewährleistet wird, dürfte die geldschöpfende Währungsbehörde im Rahmen einer neuen “monetären Gewaltenteilung” nicht mehr selbst entscheiden, wo neues Geld eingesetzt wird. Das würde von den demokratisch gewählten Haushaltsgesetzgebern beschlossen. Bei der Umstellung auf ein System mit schuldenfreiem Geld würden die Verbindlichkeiten von Banken und Zentralbanken gestrichen, die aus ihrer bisherigen Geldschöpfung entstanden sind. Das würde der Europäischen Zentralbank einen Eigenkapitalzuwachs in Höhe der heutigen Geldmenge bescheren, mit dem sie die öffentliche Verschuldung im Euroraum weitgehend tilgen könnte. Die Entkoppelung von Geld und Schulden wäre eine dringend notwendige Systemreform des Kapitalismus, die mehr soziale Gerechtigkeit ermöglichen und auch den ökologisch zerstörerischen Wachstumsdrang der Wirtschaft mildern würde.
Deutschsprachige Wirtschaftssoziologie
Die Suche nach soziologischen Rezensionen des Sahr Opus erntete immerhin einiges aus der deutschsprachigen Wirtschaftssoziologie – hier im Archiv lesen
kzfss.uni-koeln.de/gg-pdf 2009 Neue Herausforderungen der Wirtschaftssoziologie – Von Jens Beckert und Christoph Deutschmann (Hrsg) – Geld und Finanzmärkte
- Die Unverfügbarkeit des Geldes und die Rolle der Zentralbanken – Axel T. Paul – 243
- Die Finanzsoziologie: Social Studies of Finance. Zur neuen Soziologie ökonomischen Wissens – Herbert Kalthoff – 266
- Narratives and the Financialised Firm – Julie Froud, Adam Leaver, Sukhdev Johal, Adriana Nilsson und Karel Williams – 288
- Varietät verspielt? Zur Nivellierung der nationalen Differenzen des Kapitalismus durch globale Finanzmärkte – Jürgen Beyer -305
- What is a Financial Market? – Karin Knorr Cetina – 326
lehmanns.de 2024 Spekulieren auf Zukunft – Zeitstrukturen der Unternehmensführung und der Arbeit im finanzialisierten Kapitalismus – von Hajo Holst
Das Buch greift die aktuellen zeitsoziologischen Fäden auf, setzt aber an der Schnittstelle zwischen Wirtschafts-, Organisations- und Arbeitssoziologie einen neuen Akzent. In den Blick genommen wird nämlich eine Dimension des temporalen Wandels, die von der gegenwärtigen Soziologie bislang allenfalls am Rande behandelt worden ist – und zwar die Verschiebungen in den gesellschaftlichen Vorstellungen von Zukunft. Ausgangspunkt der Analysen ist das spekulierende Moment unternehmerischer Entscheidungen, das wiederum fest in der besonderen Temporalität kapitalistischen Wirtschaftens verankert ist. Auf Gewinn und Ressourcenvermehrung zielende Entscheidungen sind grundsätzlich auf die Zukunft ausgerichtet – auf eine Zukunft, über deren konkrete Gestalt aufgrund ihrer Offenheit letztlich nur spekuliert werden kann.
siehe auch
soziologieblog.hypotheses.org 2014 Das widersprüchliche Erbe Karl Polanyis – von Florian Finkbeiner
Karl Polanyi gilt als Mitbegründer der Wirtschaftssoziologie. Mit The Great Transformation liefert er einen Hauptbeitrag zur Soziologie der Märkte. Darin beschäftigt er sich mit der Geschichte des Kampfes zwischen Gesellschaft und Markt vor allem ab dem 19. Jahrhundert. Seine Kernforderung – der Markt müsse in die Gesellschaft eingebettet sein und nicht umgekehrt – scheint angesichts der heutigen neoliberalen Paradigmen nichts an ihrer Aktualität verloren zu haben. Nicht zuletzt wegen dieses theoretischen Konzeptes bezieht sich die Soziologie auch heute noch auf den Wirtschaftshistoriker. Die Bedeutung Polanyis sowie dessen mögliche Relevanz für eine moderne Wirtschaftssoziologie sollen im Folgenden betrachtet werden.
Auch wenn sich nahezu jedes Werk der Wirtschaftssoziologie mehr oder weniger direkt auch auf Polanyi bezieht und dadurch der Anschein entsteht, dass ihm eine zentrale wissenschaftsgeschichtliche Bedeutung zukommt, so findet andererseits doch die Auseinandersetzung mit seinem Werk selbst erstaunlich selten statt. Im amerikanischen Raum befasst man sich zwar vereinzelt und dort überwiegend unter Mitwirkung seiner Tochter Kari Polanyi-Levitt (2013) mit Leben und Werk von Polanyi. Aber die Forschung thematisiert dabei eher von Polanyi inspirierte theoretische Erweiterungen als dessen Konzept selbst. Ähnliches gilt für den deutschsprachigen Raum: Auch hier existieren kaum fundierte Auseinandersetzungen mit Polanyi. Woran mag diese Diskrepanz liegen? Besonders Jens Beckert (2007) und Kurtulus Gemici (2008) haben auf dieses Spannungsverhältnis hingewiesen. Sie betonen dabei auch die teilweise missverstandene oder verfremdete Übertragung von Polanyis Gedanken für neuere Forschungen. …
pure.mpg.de/gg-pdf 2010 DIE WIRTSCHAFT ALS THEMA DER SOZIOLOGIE – Zur Entwicklung wirtschaftssoziologischer Forschung in Deutschland und den USA* -Jens Beckert und Natalia Besedovsk
kzfss.uni-koeln.de/gg-pdf 2009 Neue Herausforderungen der Wirtschaftssoziologie – Von Jens Beckert und Christoph Deutschmann (Hrsg)
Zusammenfassung – Die Wirtschaft ist ein zentraler Bereich sozialen Handelns. In den vergangenen beiden Jahrzehnten hat die Wirtschaftssoziologie, ausgehend von den USA, einen Aufschwung erlebt und eine Fülle neuer Forschungsansätze entwickelt. Das wachsende Interesse an einer genuin soziologischen Betrachtung der Wirtschaft erklärt sich nicht zuletzt aus den durch das Vordringen des Neoliberalismus und die Globalisierung der Märkte verursachten gesellschaftlichen Krisen. Der Band gibt einen Überblick über die aktuelle wirtschaftssoziologische Forschung und ihre zentralen Themen, Debatten und theoretischen Ansätze.
Just take your pick and follow the money…
deutsche updates
>Post capitalism,Development Studies, Post-Development Theory, Pluriverse
academia.edu gg/pdf 2023 Pluriversum Ein Lexikon des Guten Lebens für alle – by Ashish Kothari, Ariel Salleh, Arturo Escobar, Federico Demaria and Alberto Acosta.
Es besteht kein Zweifel daran, dass sich die Welt in einer Krise befindet – einer systemischen, multiplen und asymmetrischen Krise, die schon lange gedeiht und sich inzwischen über alle Kontinente hinweg ausbreitet. Noch nie zuvor waren so viele entscheidende Aspekte des Lebens gleichzeitig bedroht, noch nie erscheinen die Erwartungen der Menschen an ihre eigene Zukunft und die ihrer Kinder so ungewiss. Die Krise macht sich in allen Bereichen bemerkbar, sie gefährdet Umwelt, Wirtschaft, Gesellschaft, Politik, Ethik, Kultur, Spiritualität und vieles andere. Das Lexikon Pluriversum ist eine spannende Sammlung von transformativen Alternativen, die sich gegen die gegenwärtig vorherrschenden Prozesse der globalisierten Entwicklung stellen, einschließlich ihrer strukturellen Wurzeln in der Moderne, im Kapitalismus, in staatlicher Bevormundung, in den maskulinen Werten usw. Die heutigen Vorstellungen von Wachstum und Entwicklung können nicht länger das organisierende Prinzip unseres sozialen Lebens sein. Das Buch ist eine Enzyklopädie mit kurzen Beiträgen zu Schlüsselbegriffen. Es kann für Lehre und Forschung genutzt werden, um Aktivistinnen zu inspirieren, Neugierige initiativ werden zu lassen – und sogar diejenigen, die an der Macht sind und sich nicht mehr wohlfühlen in ihrer Welt. Zu den mehr als 120 Autorinnen des Bandes gehören Aktivistinnen, Akademikerinnen und Praktikerinnen, die über einen großen Erfahrungsschatz in ihren jeweiligen Tätigkeitsbereichen verfügen.